Ablaufbeispiel einer Organspende im Hirntod nach Herz-Kreislauf-Stillstand (DCD)
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Ein Unfall passiert
Eine 67-jährige Frau wird in einem Kreisverkehr von einem Auto touchiert und stürzt vom Fahrrad. Sie erleidet schwere Kopfverletzungen. Wenige Minuten später wird sie auf die Intensivstation des nächsten Spitals eingeliefert.
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Die Frau kann im Spital nicht gerettet werden
Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte entscheiden aufgrund der aussichtslosen Prognose gemeinsam mit den Angehörigen, die lebenserhaltenden intensivmedizinischen Massnahmen einzustellen. Dieser Entscheid wird losgelöst davon gefällt, ob eine Organspende in Frage kommt oder nicht.
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Das Angehörigengespräch findet statt
Die zuständige Ärztin klärt mit der Familie in einem weiteren Gespräch, ob eine Organspende in Frage kommt: Hat die Patientin zu Lebzeiten dokumentiert, dass sie ihre Organe spenden möchte? Oder sprechen sich die Angehörigen im mutmasslichen Sinn der Verstorbenen für eine Organspende aus?
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Der Kreislauf wird aufrechterhalten
Wenn die Einwilligung zur Organspende vorliegt, sorgen intensivmedizinische Massnahmen dafür, dass die Organe gut durchblutet werden und genügend Sauerstoff erhalten, damit eine Organentnahme möglich ist.
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Die Organe werden medizinisch geprüft
Nun wird detailliert abgeklärt, ob sich die Organe der Patientin zur Transplantation eignen. Hierfür braucht es verschiedene Untersuchungen wie Blutentnahmen und bildgebende Verfahren wie zum Beispiel eine Computertomografie (CT).
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Die Organe werden gemäss Warteliste zugeteilt
Die Zuteilung der Organe an passende Empfängerinnen und Empfänger auf der nationalen Warteliste erfolgt anschliessend entsprechend den gesetzlichen Zuteilungsregeln durch Swisstransplant. Dieser Prozess kann durchschnittlich 10 bis ungefähr 20 Stunden dauern. Während dieser Zeit wird die Patientin weiterhin auf der Intensivstation betreut und die Angehörigen dürfen, wann immer möglich, bei ihr bleiben, wenn sie das möchten.
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Die lebenserhaltenden Massnahmen werden beendet
Wenn die Organe an passende Empfängerinnen oder Empfänger zugeteilt werden konnten und alle notwendigen Vorbereitungen getroffen sind, wird der Zeitpunkt für die Beendigung der lebenserhaltenden Massnahmen festgelegt. Die Patientin wird in den Operationssaal verlegt. In Anwesenheit der zuständigen Ärztin sowie des Organspendekoordinators werden der Beatmungsschlauch entfernt und die kreislaufstützenden Medikamente gestoppt. Während des gesamten Sterbeprozesses können die Angehörigen wenn gewünscht an der Seite der Patientin bleiben.
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Das Herz hört auf zu schlagen
Wenn die Überwachungsinstrumente und der Herzultraschall den Stillstand des Herzens zeigen, werden die Angehörigen gebeten, sich von der Verstorbenen zu verabschieden.
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Die Hirntoddiagnostik wird durchgeführt
Danach wird nach mindestens 5 Minuten Wartezeit die gesetzlich vorgeschriebene Todesfeststellung mittels Hirntoddiagnostik durchgeführt. Die Bestätigung des Funktionsausfall des Gehirns gilt als Todeszeitpunkt.
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Die Organe werden entnommen
Die Organe, für die passende Empfängerinnen und Empfänger auf der Warteliste sind, werden entnommen. Nach der Organentnahme wird der Leichnam würdevoll versorgt und die Angehörigen können auch jetzt von der Verstorbenen im Aufbahrungsraum Abschied nehmen. Anschliessend kann der Leichnam nach Wunsch der Familie zuerst aufgebahrt oder direkt bestattet werden.
Der Ausfall des Hirns führt zum Tod
Es gibt unterschiedliche Ursachen und Arten zu sterben. Doch in jedem Fall führt der unwiderrufliche Ausfall des Hirns inklusiv Hirnstamm zum Tod. Ohne das Hirn als operative Schaltzentrale funktioniert der Körper als ganzes System nicht mehr und der Mensch stirbt. Im Gegensatz zu einem Koma gibt es im Hirntod keine Rückkehr ins Leben. Der Hirntod nach DBD und DCD wird durch 2 Fachärztinnen oder Fachärzte im 4-Augen-Prinzip nach klaren, gesetzlich definierten Kriterien diagnostiziert. Ist der Hirntod bestätigt, so ist die Patientin oder der Patient nach geltendem Recht verstorben.
So wird der Hirntod festgestellt
Bevor Organe entnommen werden dürfen, muss der Hirntod in jedem Fall nachgewiesen werden. Dieser Nachweis erfolgt durch 2 entsprechend qualifizierte Ärztinnen oder Ärzte im 4-Augen-Prinzip. Sie sind unabhängig, das heisst, sie arbeiten auf der Seite der Organspende und nicht der Transplantation. Mit insgesamt 7 Tests prüfen sie, ob grundlegende Reflexe noch funktionieren, die ausschliesslich durch das Gehirn gesteuert werden. Wird bei keinem der Tests ein Reflex ausgelöst, so ist nachgewiesen, dass das Gehirn unwiderruflich ausgefallen ist. Dieser Zeitpunkt gilt als offizieller Todeszeitpunkt. Die Patientin oder der Patient ist zweifelsfrei tot. Es gelten die Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW).
Wenn ein verstorbener Mensch seine Organe oder Gewebe spendet, unterscheidet man zwischen:
Organspende im Hirntod (DBD)
(englisch: Donation after Brain Death)
Schwere Schädigung des Hirns
Eine schwere Hirnschädigung tritt zum Beispiel auf nach einer starken Hirnblutung, einem langen Sauerstoffmangel oder einem Unfall (Schädelverletzung, Schädel-Hirn-Trauma). Die starke Druckzunahme im Hirn führt zu einem vollständigen Ausfall des Hirns und des Hirnstamms, die Blutzufuhr zum Gehirn bricht ab – der Hirntod ist eingetreten. Die Patientin oder der Patient ist verstorben.
Eine bereits eingeleitete künstliche Beatmung kann über den Tod hinaus weitergeführt werden. Durch die Beatmung werden die Organe weiterhin mit Sauerstoff versorgt, bis sie für eine Transplantation entnommen werden können.
Organspende im Hirntod nach Herz-Kreislauf-Stillstand (DCD)
(englisch: Donation after Cardiocirculatory Death)
Stillstand von Herz und Kreislauf
Bei aussichtsloser Prognose auf der Intensivstation erfolgt auf ärztliche Empfehlung eine Therapieumstellung. Das bedeutet, dass man die Patientin oder den Patienten nicht mehr retten kann: Man entscheidet, die Behandlung abzubrechen. Auch in diesem Fall ist eine Organspende unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
Willigt die Familie im Sinn der verstorbenen Person in die Organspende ein, wird die maschinelle Beatmung der Patientin oder des Patienten gestoppt und kreislaufstützende Medikamente werden abgesetzt. Um den Sterbeprozess so schonend wie möglich zu gestalten, achtet das Personal der Intensivstation auf eine hinreichende Zufuhr von Flüssigkeit und Schmerzmitteln. Kommt es innert 2 Stunden nach Therapieabbruch zum Herz-Stillstand und zum Zusammenbruch des Kreislaufs, wird nach 5 Minuten Wartezeit der Hirntod diagnostiziert. Die Patientin oder der Patient ist hirn- und herztot.